Landkreis Harz schließt Vertrag mit polnischem Löschflugzeug-Betreiber

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Die Freiwilligen Feuerwehren im Landkreis Harz können ab April bei Wald- und Vegetationsbränden fest auf die Unterstützung aus der Luft setzen. Dabei kommt ein Kleinlöschflugzeug von „Mieleckie Zakłady Lotnicze“ (MZL) zum Einsatz. Nach einem Grundsatzbeschluss im September hat der Kreistag heute entschieden, einen entsprechenden Dienstleistervertrag mit dem polnischen Unternehmen zu schließen. MZL hatte sich in der Ende Dezember gestarteten und weltweit von Fire-Fightern hoch beachteten europaweiten Ausschreibung gegen den Mitbewerber aus Tschechien durchgesetzt.

„Im Landkreis Harz beginnt mit dem Löschflugzeug im Frühjahr ein neues Zeitalter bei der Bekämpfung von Waldbränden“, unterstreicht der Landrat. Endlich sei die Unterstützung der Feuerwehrkräfte am Boden unbürokratisch aus der Luft möglich, so Thomas Balcerowski. Der Einsatz des Dromader PZL M18 B sichere im Brandfall eine zeitnahe Brandbekämpfung. Dieser schnelle erste Löschangriff aus der Luft soll Brände schon im Entstehen eingrenzen und deren Ausbreitung verhindern. Mit dem Flugzeug sei zudem die Erkundung von Bränden deutlich genauer möglich.

Bei Wald- und Vegetationsbränden im Landkreis Harz erschweren oftmals unwegsames Gelände, extreme Steillagen und eine nicht vorhandene Löschwasser-Infrastruktur vor Ort die Löscheinsätze der Freiwilligen Feuerwehren. „Das kostet im Brandfall wertvolle Zeit und gibt dem Feuer Gelegenheit, sich durch den Wald zu fressen“, ergänzt Kai-Uwe Lohse. Der Harzer Kreisbrandmeister ist überzeugt: „Mit dem Einsatz des Löschflugzeuges können wir Brände schneller löschen und so die Gefährdung sowohl von Einsatzkräften als auch von Anwohnern und Touristen deutlich senken.“

Die Einsatzzeit für das Löschflugzeug – insgesamt verfügt MZL über 25 baugleiche und europaweit zugelassene Löschflugzeuge derselben Bauart – beginnt am 1. April. Bis zum 30. September ist es täglich zwischen Sonnenauf- und -untergang verfügbar. Einsatzbasis der Dromader PZL M18 B ist der Flugplatz Ballenstedt, wo sie nach Angaben von MZL in der letzten Märzwoche eintreffen wird. Von dem 1932 als einem der ersten Deutschen Flugplätze eröffneten Verkehrslandeplatz nördlicher der Gegensteine wird es zu den Einsätzen abheben.

Das Betanken des Kleinflugzeuges mit Löschwasser, so sagt Kai-Uwe Lohse, übernehmen die Feuerwehren. Deren Mitglieder müssen dafür zeitnah geschult werden. Ziel sei ein Betankungsvorgang der 2 200 Liter Wasser in 60 Sekunden.

Kreisbrandmeister Kai-Uwe Lohse erläutert: „In den nächsten Wochen müssen die Feuerwehren das Wasser-Betanken am Flugzeug üben. Außerdem beginnen das Recruiting der Außenlandeplätze, die Absprachen mit den Gemeinden sowie die Abstimmungen zum Funksystem.“ Neben dem Flugplatz Ballenstedt sind während des Löscheinsatzes Landplätze in Pullman City, bei Veckenstedt sowie auf dem Verkehrslandeplatz Allstedt (Landkreis Mansfeld-Südharz) möglich, um die Umlaufzeit zu senken. Außerdem halte MZL für den Landkreis Harz ein zweites Luftfahrzeug als Reserve an der deutsch-polnischen Landesgrenze bereit.

Der Betrieb eines Löschflugzeuges im Auftrag des Landkreises Harz ist das Ergebnis des Katastrophenfalls vom Sommer 2022. Vom 4. bis 9. September waren 1 800 Feuerwehrleute beim Löschen eines Großbrandes am Brocken im Einsatz. Das Feuer war am 3. September im Nationalpark Harz unweit des Goethebahnhofes ausgebrochen und wurde zum ersten Katastrophenfall in der Geschichte des Landkreises Harz. Dabei brachten elf Hubschrauber von Bundeswehr und Landespolizei sowie zwei Löschflugzeuge aus Italien in drei Tagen rund neun Millionen Liter Löschwasser aus der Luft auf den Großbrand. Dessen Kosten belaufen sich derzeit auf mindestens zwei Millionen Euro.

Den auf die Einsatzjahre 2023 und 2024 angelegten Dienstleistervertrag unterschreibt der Landrat in den kommenden Tagen. Der Landkreis Harz investiert in die luftunterstützte Bekämpfung von
Wald- und Vegetationsbränden in beiden Jahren rund 300 000 Euro.

Hintergrund:
Bei der seit 1978 als Löschflugzeug insgesamt bislang rund 750 Mal hergestellten Dromader PZL M18 B handelt es sich um einen SEAT – einen Single Engine Air Tanker. Das 9,47 Meter lange und 3,70 Meter hohe Flugzeug ist mit einer Spannweite von 17,70 Meter sehr wendig und kann bis zu 2 200 Liter Löschwasser aufnehmen. Es verfügt nach Angaben des polnischen Herstellers über sichere Flugeigenschaften in schwierigem Gelände und erlaubt einen engen Kurvenflug. Die Dromader PZL M18 B kann ihre 2 200-Liter-Wassertank-Ladung sowohl als Wasser-Linie über dem Feuer als auch als gezielte „Wasserbomben“ mit einer Bodenabmessung von rund 150 Quadratmeter entladen.

Fluglehrer Michael Goldhahn ist beim Löschflugzeug des Harzkreises der Koordinator für die Firma MZL. Als Inhaber der „Deutsche Löschflugzeug Rettungsstaffel“ (DLFR) verfügt der 63-Jährige über mehrere Tausend Flugstunden und viel Erfahrung als Organisator bei Waldbrandübungen mit dem Löschflugzeug PZL M18.

Das Unternehmen MZL mit Sitz in Mielec ist seit Jahrzehnten in der Waldbrandbekämpfung aus der Luft aktiv. Die Löschflugzeuge sind seit 1984 im Auftrag des Generalstabes der Nationalforste bei der
Bekämpfung von Waldbränden in Polen durchschnittlich 2 000 Flugstunden pro Jahr in der Luft. Weitere Einsatzgebiete waren bislang Portugal, Chile, Italien, Spanien. 

 

Foto: DLFR/Deutsche Löschflugzeug Rettungsstaffel